8. Altersbericht der Bundesregierung

Veröffentlicht am 30. September 2020
Kategorien: Allgemein

Stellungnahme des Bundesverbandes Graue Panther e.V.

Kommt nun nach der Zweiklassen Medizin die Zweiklassen Digitalisierung?

Das Internet wird immer wichtiger – auch für Ältere. Im neuen Altersbericht hat die Bundesregierung untersucht, was die Digitalisierung für Senior*innen bedeutet.

Die allgemeine Digitalisierung ist der  Trend der letzten Jahre. Es gibt kaum ein Gesellschaftsfeld, auf das sie keine Auswirkungen hat. Und auch ältere Menschen, die in großen Teilen ihres (Berufs-) Lebens keinen Kontakt damit hatten, sind heute von digitaler Technik umgeben – und  immer mehr auch auf sie angewiesen. Wie sich die Digitalisierung auf ältere Generationen und ihren Alltag auswirkt,  hat der jetzt veröffentlichte Achte Altersbericht der Bundesregierung untersucht.

Der Bericht zeigt deutlich auf, dass es eine große „digitale Spaltung“ der Gesellschaft gibt. In der Gruppe der älteren Mitbürger*innen ist ein deutlich größerer Anteil von der Teilhabe und den Möglichkeiten digitaler Technologien ausgeschlossen als in anderen Altersgruppen. Obgleich in den letzten Jahren zwar immer mehr ältere Menschen das Internet nutzen, ist die digitale Kluft zwischen jüngeren und älteren Menschen immer noch groß. Während in der Lebensphase rund um den Ruhestand der Anteil von Menschen mit Zugang zum Internet mit mittlerweile über 80 Prozent recht hoch ist, haben Menschen ab Mitte 70 wesentlich seltener einen Internetzugang.

Allerdings zeigt sich zugleich, dass es hier deutliche Unterschiede innerhalb der Gruppe der älteren Menschen gibt. Ältere Menschen mit niedrigem und mittlerem Bildungsstand nutzen digitale Technik deutlich seltener und weniger kompetent als ältere Menschen mit hohem Bildungsstand und diese Unterschiede nehmen im höheren Alter zu. In der Altersgruppe zwischen 79 und 84 Jahren haben zwei Drittel der Personen mit hoher Bildung einen Internetzugang; bei Gleichaltrigen mit niedriger oder mittlerer Bildung dagegen nicht einmal ein Drittel.

Die Autor*innen des Berichts fordern, Zugangs- und Nutzungshindernisse abzubauen, um die digitale Exklusion bestimmter Gruppen zu verhindern. Dazu regen sie an, ältere Menschen mit wenig Einkommen durch finanzielle Hilfen sowie niedrigschwellige und zielgruppenspezifische Informations- und Bildungsangebote, zu unterstützen.

Wir, der Bundesverband Graue Panther e.V. möchten diese Forderung so erweitern, dass jedem älteren Mitbürger ein kostenloser Internetzugang zur Verfügung gestellt werden muss, ob zuhause, in einer Wohn- oder Pflegeeinrichtung.

Gerade weil (wie die Autor*innen schreiben) die neuen  Technologien zur Alltagsunterstützung in der eigenen Wohnung hilfreich sein können und von Teilen der Senior*innen genutzt werden, ist die Digitalisierung vom Grundsatz her zu begrüßen.   Sehr oft fehlt es den Senioren*innen an Einweisungen, Information und Beratung. Nicht jeder hat die nächsten Generationen im nahen Umkreis wohnen.  Noch wichtiger ist es aus unserer Sicht, dass sich die vielen Bezieher*innen von Kleinst- und Mindestrenten  die hohen Anschaffungs– und Betriebskosten nicht leisten können – Zweiklassen Digitalisierung !!

Die Autor*innen kritisieren außerdem, dass es kaum Pflegeheime mit Internetanbindung für die Bewohner*innen gibt. Sie fordern eine Grundausstattung mit WLAN, damit die Bewohner*innen ihre digitalen Geräte nutzen können, um Informationen abzurufen, Musik oder Filme zu übertragen, einen Sprachassistenten zu nutzen oder per Video mit dem Freundeskreis oder Verwandten zu kommunizieren.  Dieser Feststellung können wir uns nur anschließen.

Das Internet kann gegen Einsamkeitsgefühle helfen, was gerade bei den coronabedingten Kontaktbeschränkungen mehr als deutlich wurde. Wenn ältere Menschen digitale Kommunikationsmedien und das Internet nutzen, sind sie sozial besser integriert und haben weniger Einsamkeitsgefühle. Dies gilt vor allem dann, wenn vorhandene soziale Beziehungen auch mit Hilfe der digitalen Technologien gepflegt werden können. Noch ziehen viele ältere Menschen  den vertrauten analogen Austausch mit Familienmitgliedern und dem Freundeskreis dem digitalen Austausch deutlich vor, dieser Trend wird sich mit den Jahren aber ändern.

Die Digitalisierung ruft bei vielen Senioren  auch ein Gefühl der Überforderung hervor– beispielsweise, wenn bestimmte Leistungen im Alltag (wie etwa Fahrkarten kaufen oder Bankgeschäfte) nur noch online möglich sind.

In den Augen des Bundesverbandes Graue Panther e.V. sind die im Bericht angeregten Vorschläge zur Umsetzung zwar wichtig, um die gesamte Gesellschaft am digitalen Fortschritt teilhaben zu lassen. Dies gilt für Bereiche wie Wohnen, Mobilität, Gesundheit oder auch die Versorgungsstrukturen vor Ort.

Aber auf gar keinen Fall darf es soweit gehen, dass der lebenswichtige menschliche Kontakt  auf ein Abstellgleis gestellt wird.  Es sollte aus unserer Sicht keinesfalls eine Art „Online-Pflicht“ entstehen. Es darf nicht zu einer absoluten Abhängigkeit von digitalen Vorgehensweisen kommen, die den Menschen jede andere Möglichkeit nimmt, ihr Leben auch auf andere Weise zu handhaben.

Man denke nur an einen länger anhaltenden Stromausfall! (Der beträfe nicht nur die alten Menschen)

 

Göttingen, Berlin

Der Bundesvorstand  anlässig der Berliner Seniorenwoche 2020

 

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