Ehret unsere Alten
VOM „HINTEN RUNTER FALLEN“
Es muss ja nicht das schönste sein,
es genügt, dass ich nicht friere.
Ich mach mein Haar und halt mich sauber,
dass ich nicht rieche wie die Tiere.
Es muss ja nicht gleich Kaviar sein,
es genügt mir Brot und Suppe.
Ein wenig Obst und auch Gemüse,
Pralinen sind mir Schnuppe.
Auch ein Haus mit Pool uns Garten,
und auch ein Auto brauch ich nicht.
Mir genügt ’ne kleine Wohnung,
wenn’s geht mit Wasser, Ofen, Licht.
Ich brauche keinen Champagner,
keinen Urlaub, Sonntagskuchen.
Die Selbstachtung, die brauche ich,
nicht im Müll nach Flaschen suchen.
Ich leb‘ seit beinah neunzig Jahren
in einem Land, der reichsten Länder,
wo meine Armut nicht geseh’n,
wo mit ’ner Wahl ich gar nichts änder‘.
Ich hab mit meinen eignen Händen
dies Land vom Schutt befreit.
Den Krieg so mühsam weggeschippt,
die Stadt war neu bereit.
Ich hab geschuftet viele Jahre,
hab mich gemüht, hab mich geplagt.
Nun falle ich durchs Raster.
Das lohnt nicht mehr, wurd mir gesagt.
Nun schleiche ich fast jeden Tag
zum Müll und zu der „Tafel“.
Selbst dort werd‘ ich zu letzt bedient,
es riecht nach Knoblauch und Falafel.
Es ist nicht Recht, uns alte Leute,
wie eine Bürde zu behandeln.
Als ob wir eine Krankheit wär’n,
die wie Zombies in den Straßen wandeln.
Wir haben das „Heute“ aufgebaut,
und so vieles, was sonst nicht wäre.
Bitte lasst uns unsre Würde,
Ein bisschen Dank und unsre Ehre.
Frank Liebe aus Berlin