Im Folgenden übernehmen wir voll die Stellungnahmen des Bündnis Klinikrettung und teile diese inhaltlich zu 100 %.
Die Regierungskommission hat ein Gutachten zum Einstampfen der Geburtshilfe vorgelegt und da ist wieder das gleiche Mantra: „Die Größe eines Klinikums und die Komplikationsrate bei der Geburt würden eng miteinander zusammenhängen, erklärte Bschor bei der Übergabe.“ „Durch den Zusammenschluss könne dem Personalmangel begegnet und die Qualität der Versorgung erhöht werden.“ Deswegen sollen sich „kleinere Geburtshilfe zu größeren Verbünden mit mindestens 500 Geburten pro Jahr zusammenschließen.“ Später soll die Zahl sogar auf 600 steigen. Kliniken, die das nicht erfüllen, werden keine Sicherstellungszuschläge bekommen!
„Im Gutachten heißt es, dass Deutschland etwa im Vergleich zu Skandinavien eine höhere perinatale Mortalität, Frühgeburtlichkeit- und Kaiserschnittrate habe.“ Da gibt es andere Gründe als die fehlende Versorgung der problematischen Geburten. Z.B. die steigende Frühgeburtlichkeitsrate gibt es womöglich wegen der Vorgabe, dass die Perinatal Zentren eine erhöhte Zahl der Frühgeburten erreichen muss, damit sie ihren Status für Frühchenversorgung behalten kann. Kaiserschnitte lohnen sich mehr als die normalen Geburten und Mortalität – da gibt es sicher Verbindung zu Personalmangel und zur verspäteten Hilfe.
In dieser Legislaturperiode wird daraus zum Glück kein Gesetz mehr, aber die CDU wird sicher einiges weiterverfolgen.
Und wir fragen uns, was diese Kommission da noch soll? Sie erstellen irgendwelche Gutachten, kriegen sicher haufenweise Geld dafür – aber die Regierung kann daraus eh nichts mehr machen.
Berlin, Göttingen im Nov. 2024
Der Vorstand
Hier Auszug aus dem Gutachten https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/155723/Gutachten-sieht-Kompetenzverbuende-fuer-bessere-Geburtshilfe-vor
Donnerstag, 14. November 2024
Berlin – Um die Geburtshilfe zu verbessern, sollte Deutschland perinatalmedizinische Kompetenzverbünde einführen. Das schlägt die Regierungskommission Krankenhäuser vor. Damit sollen die Betreuung von Schwangeren, insbesondere bei Risikoschwangerschaften, verbessert und Komplikationen bei der Geburt reduziert werden.
Der Leiter der Kommission, Tom Bschor, hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) heute die zwölfte Stellungnahme des Gremiums übergeben. Die Größe eines Klinikums und die Komplikationsrate bei der Geburt würden eng miteinander zusammenhängen, erklärte Bschor bei der Übergabe.
Deshalb stehe im Zentrum der Empfehlung die Errichtung von perinatalmedizinischen Kompetenzverbünden, die eine definierte Region abdecken sollten. Rund 10.000 Geburten sollten je Verbund versorgt werden. Entsprechend bräuchte es für Deutschland etwa 74 dieser Verbünde, erklärte Bschor.
Die Verbünde sollten aus einem Maximalversorger des Levels I nach der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), zwei bis vier Perinatalzentren des Levels II und einigen perinatologischen Schwerpunktkliniken bestehen. Vorgesehen ist, dass diese Kliniken strukturiert zusammenarbeiten und mit jeder Schwangeren eine Risikoabschätzung vornehmen und prüfen, wer die weitere Betreuung übernehmen sollte, erklärte Bschor.
In den Kliniken sollte zudem immer eine perinatologische Versorgung gewährleistet sein. Innerhalb des Verbundes sollte es auch mindestens eine kinder- und jugendchirurgische Abteilung geben. In Ausnahmefällen sei auch eine Kooperation mit einer entsprechenden Abteilung eines anderen Verbunds denkbar.
Wenn es innerhalb des Verbundes eine Komplikation bei einer Geburt gebe, wäre damit klar geregelt, dass das nächsthöhere Level dafür zuständig sei, erklärte Bschor weiter. Heute müssten Ärztinnen und Ärzte in dieser Situation andere Kliniken abtelefonieren und klären, ob diese Kapazitäten für den Fall haben. „Da geht sehr wertvolle Zeit verloren.“
Konzentration verbessert Qualität und löst Personalmangel
Weiter sollen sich dem Gutachten zufolge kleinere Geburtshilfe zu größeren Verbünden mit mindestens 500 Geburten pro Jahr zusammenschließen.
Oft fehle in kleineren Geburtskliniken die Erfahrung mit Geburten, insbesondere bei Komplikationen und es gebe Probleme bei der Personalfindung, heißt es. „Durch den Zusammenschluss könne dem Personalmangel begegnet und die Qualität der Versorgung erhöht werden.“
Die Gesamtzahl der Hebammen seien von 2000 bis 2021 von 16.000 auf 27.000 gestiegen, trotzdem sei ein großer Personalmangel in den Kliniken spürbar. Durch die Konzentration des Personals auf weniger Standorte soll dieser Mangel abgefedert werden.
Auch eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Hebammen wird empfohlen. Zudem müssten Aufgaben, Handlungskompetenzen und Verantwortungsbereiche von Hebammen entsprechend der – im Zuge der Akademisierung steigenden – Qualifikation angehoben werden.
Weiter sollten dem Gutachten zufolge die neuen Formen der perinatologischen Versorgung gezielt gefördert und finanziert werden. Nicht zukunftsfähige Strukturen dürften künftig nicht mehr durch Sicherstellungszuschläge gefördert werden, heißt es.
Die finanzielle Förderung der „zukunfts- und qualitätsorientierten Geburtskliniken mit neonatologischer Versorgungskompetenz“ sollten mit einer Mindestanzahl von 500 Geburten pro Jahr gefördert werden. Später sollte diese Mindestanzahl auf 600 steigen.
Ziel: Erreichbarkeit von maximal 40 Minuten
Die Geburtskliniken sollen künftig in Ballungszentren innerhalb von maximal 30 Pkw-Fahrminuten und in ländlichen Gebieten innerhalb von maximal 40 Minuten erreicht werden können.
„Die ersten Minuten des Lebens sind die gefährlichsten in einem Leben“, sagte Lauterbach. Es gehe aber nicht darum, dass Geburten nur noch in Spezialkliniken erfolgen sollten. Risikogeburten sollten aber vor allem in diesen Zentren betreut werden.
„Das Gutachten zeigt, dass wir erhebliche Defizite in unserem Gesundheitswesen haben“, erklärte Lauterbach weiter. In der Geburtshilfe liege Deutschland im europäischen Vergleich im Mittelfeld oder sogar etwas darunter. „Das ist bestürzend. Wir haben wenige Kinder und diese Kinder sollten sicher und gut geboren werden“, betonte Lauterbach.
Im Gutachten heißt es, dass Deutschland etwa im Vergleich zu Skandinavien eine höhere perinatale Mortalität, Frühgeburtlichkeits- und Kaiserschnittrate habe. „In den skandinavischen Ländern Finnland und Schweden werden bei starker Zentralisierung und zum Teil deutlich längeren Anfahrtswegen bessere Ergebnisse in Bezug auf die Säuglingssterblichkeit erreicht als in Deutschland.“
Deshalb müsse man hinsichtlich vermeidbarer Komplikationen, die mit Behinderungen oder Todesfolge einhergehen, besser werden, schlussfolgerte Lauterbach. Dies zeige auch, wie wichtig die geplante Krankenhausreform sei. Ohne diese könnte man bestehende Qualitätsprobleme nicht in den Griff bekommen.
Die Krankenhausreform sehe bereits Zuschläge für die Geburtshilfe vor, erklärte Lauterbach. Vorgesehen sind jährlich 120 Millionen Euro. Zudem müssten Qualitätskriterien für die Geburtshilfe berücksichtigt werden. „Die Geburtshilfe wird sicherer und besser werden durch die Krankenhausreform.“ Die Empfehlungen in dem Gutachten werde sich das Ministerium genau anschauen, kündigte Lauterbach zudem an.
Die Ideen des Gutachtens können in dieser Legislaturperiode allerdings nicht mehr umgesetzt werden. Lauterbach kündigte an, dass viele Gesetze, die jetzt schon fertig seien und sich zum Teil bereits im parlamentarischen Verfahren befinden, in der nächsten Legislaturperiode sehr schnell beschlossen werden könnten.