Stoppen Sie Lauterbachs Blindflug

Veröffentlicht am 22. November 2024
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An den Deutschen Bundesrat, Leipziger Str. 3-4, 10117 Berlin

 

Appell an die Landesregierungen:

Stoppen Sie Lauterbachs Blindflug!

Schicken Sie das KHVVG zur Nachbesserung in den Vermittlungsausschuss!

 

Berlin, den 22. November 2024

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Mitglieder des Bundesrats,

Sie beraten im Bundesrat über das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) – eine Reform mit drastischen Folgen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach gibt selbst zu: „Es ist ganz klar, dass wir in zehn Jahren spätestens ein paar Hundert Krankenhäuser weniger haben werden“ Er betont: „Das ist auch richtig so“ (Bild-Interview vom 20.10.24).

Seit Jahresanfang 2020 wurden laut der Bilanz des Bündnis Klinikrettung bundesweit 93 Krankenhäuser geschlossen. Im laufenden Jahr 2024 sind die Defizite der Kliniken steil nach oben geschossen und beschleunigen das ungeregelte Krankenhaussterben weiter. In vielen Regionen wird so die medizinische Versorgung abgebaut, Krankenhausbeschäftigte verlieren ihre Arbeitsplätze. Forderungen nach einer Überbrückungsfinanzierung für schließungsgefährdete Krankenhäuser wurden abgeschmettert. Der Bundestag hat dennoch am 17. Oktober dem sogenannten Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) zugestimmt.

Damit ist es klar: Die ersten Jahre der Krankenhausreform sollen der Abrissbirne gehören.

Heute findet dazu die Bundesratssitzung statt. Lassen Sie das KHVVG passieren

  • obwohl die Pseudo-Vorhaltefinanzierung des KHVVG keine einzige kleine, bedarfsnotwendige Klinik auf dem Land vor der Insolvenz bewahren wird?

  • obwohl durch die strikten Kriterien für die Leistungsgruppen bedarfsnotwendige Krankenhäuser ihr Angebot reduzieren oder schließen werden?

  • obwohl die Analysen noch fehlen, wie das KHVVG die Versorgung in den Regionen, in Stadt und Land konkret verändern wird?

Das Gesetz ist gespickt mit Regeln, die über die Zukunft zahlloser Fachabteilungen und ganzer Kliniken entscheiden. Über Monate versprach der Bundesgesundheitsminister eine Auswirkungsanalyse, damit Ihre Verwaltungen die Auswirkungen simulieren und Sie bei Bedarf Änderungen am Gesetzentwurf vorschlagen können. Auf den letzten Metern wurde nun eine Software für diesen Zweck vorgestellt – zu spät, um vor dem Bundesratstermin belastbare Analysen zu erstellen. Das ist so, als würde man einen neuen Flugzeugtyp in Serie geben, dessen Flugfähigkeiten noch nicht getestet sind. Verantwortungsvolle Politik sieht anders aus, lassen Sie sich auf solche Experimente nicht ein!

Aktuell ist bekannt, dass die Krankenhausplanung in NRW, auf die sich auch das KHVVG als Vorbild bezieht, auf viel Kritik stößt. Dort verlieren keinesfalls bloß kleine Häuser Leistungsgruppen, die nicht wirklich adäquat dafür ausgestattet sind, sondern z.B. auch spezialisierte Zentren, die entsprechende Strukturen in den vergangenen Jahren erst mit hohem Aufwand aufgebaut haben. Das KHVVG geht sogar noch weiter, indem es durch sogenannte „Mindestvorhaltezahlen“ Krankenhäusern auch dann die Vorhaltefinanzierung zu entziehen droht, wenn sie Leistungsgruppen von den Ländern zugewiesen bekommen haben. Erst zu einem späteren Zeitpunkt wird klar werden, was alles konkret abgebaut und geschlossen wird, welche Versorgungsstrukturen zerschlagen werden und wo künftig Versorgungslücken klaffen werden. Denn die Frage, was stattdessen aufgebaut werden soll, beantwortet das KHVVG allenfalls in Ansätzen. Wohin sollen sich die Patientinnen und Patienten in Zukunft wenden? Wer versorgt sie künftig ambulant oder stationär?

Wer schließt Versorgungslücken und garantiert die Daseinsvorsorge tatsächlich?

Diese Fragen müssen vor, nicht nach, Verabschiedung des KHVVG beantwortet werden!

Die Krankenhausplanung obliegt den Bundesländern. Es ist in Ihrer Verantwortung, auf die Krankenhausreform einzuwirken, um eine bedarfsgerechte und flächendeckende Versorgung sicherzustellen.

Wir unterzeichnenden Organisationen betonen:

Es hat sich gezeigt, dass die Fallpauschalen für die bedarfsnotwendige Finanzierung der Krankenhäuser nicht geeignet sind, sie müssen vollständig abgeschafft werden.

Stattdessen müssen den Krankenhäusern ihre Kosten für die Gewährleistung einer guten medizinischen Versorgung vollständig finanziert werden – die Selbstkostendeckung ist die solidarische Alternative zum DRG-System. Zugleich muss die Selbstkostendeckung Hand in Hand mit einer demokratischen Bedarfsplanung einhergehen. Kurzfristig müssen die Verluste der von Schließung bedrohten bedarfsnotwendigen Krankenhäuser mit Hilfe einer schnellen Überbrückungsfinanzierung ausgeglichen werden. Und die Länder müssen ihrer Verantwortung gerecht werden, Krankenhausinvestitionen zu finanzieren und die mangelnden Investitionen der letzten Jahre auszugleichen.

Daher fordern wir Sie auf: Stoppen Sie den Blindflug. Schicken Sie das KHVVG in den Vermittlungsausschuss und erwirken Sie dort notwendige Änderungen.

 

Gehen Sie nicht als Klinikzerstörer in die Geschichte ein!

 

Mit freundlichen Grüßen

  • Bündnis Klinikrettung

  • Krankenhaus statt Fabrik

  • Gemeingut in BürgerInnenhand

  • Bündnis für ein gemeinwohlorientiertes Gesundheitswesen

  • Aktionsgruppe Schluss mit Kliniksterben in Bayern

  • Gesundheit statt Profite

  • Katholische Arbeitnehmer Bewegung (KAB) Diözesanverband Regensburg

  • Katholische Arbeitnehmer Bewegung (KAB) Kreis Kelheim

  • attac Bund

  • attac Hamburg

  • attac Berlin Bündnis für Krankenhaus und gute Arbeit Neckartal-Odenwald

  • Bürgerinitiative „Rettet das Kirner Krankenhaus“

  • Rettet unsere Krankenhäuser Rosmann Breisach e.V.

  • Initiative „Wenckeback-Klinikum muss bleiben!“

  • Bundesverband Graue Panther e.V.

  • Aktionsbündnis Klinikum Lippe

  • Bundesverband Gemeinnützige Selbsthilfe Schlafapnoe

  • Aufstehen Spandau

  • Bürgerinitiative Unser Herz schlägt fürs Hersbrucker Krankenhaus

  • Aktionsbündnis „Pro Krankenhaus Schongau“

  • Förderverein der UEK am Standort Norden e.V.

  • Versammlung für den Erhalt des Krankenhauses Holweide und der Kinderklinik Amsterdamer Straße

  • Bürgerinitiative Nordsaarlandklinik

  • Aktion Krankenhaus Groß-Sand bleibt!

  • Hamburger Bündnis für mehr Personal im Krankenhaus

  • Dresdner Bündnis für Pflege

  • Initiative Regionale Krankenhausstruktur erhalten

  • Pro Krankenhaus Havelberg e.V.

  • Aktionsbündnis „Das Geislinger Krankenhaus muss bleiben“

  • Initiativgruppe Kreis Pinneberg des Bündnis Klinikrettung

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