Weg mit der Fallpauschalenfinanzierung

Veröffentlicht am 23. September 2024
Adler Group in Göttingen Grone
Dr. Bernd Hontschik: Charité ist überall – weg mit der Fallpauschalenfinanzierung

Berlin, den 4. September 2024: Die gravierenden Missstände in der Charité sind heute Thema in der Sitzung des Wissenschaftsausschusses im Abgeordnetenhaus in Berlin. Auslöser war eine RTL-Dokumentation vom 12. September 2024, die katastrophale Zustände im dortigen Krankenhausbetrieb enthüllte. Dr. med. Bernd Hontschik, Arzt, Autor und Mitstreiter im Bündnis Klinikrettung, kommt in der Dokumentation als Experte zu Wort. Anlässlich der Sitzung im Abgeordnetenhaus äußert er sich zum Hintergrund der Missstände:
„Ursache für die gezeigten Katastrophen ist das Diagnose- und Fallzahlorientierte Bezahlsystem der Krankenhäuser – die Fallpauschalenfinanzierung. Diese schafft den Anreiz, im gleichen Zeitraum maximal viele Fälle und maximal schwere Diagnosen abzurechnen. Seit der Einführung der Fallpauschalenfinanzierung ist die Liegezeit auf die Hälfte gesunken, die Zahl der Patient*innen trotz der massiven Stellenstreichungen um ein Fünftel gestiegen. Der Anstieg des Arbeitsdrucks war ebenfalls enorm, besonders in der Pflege. Dort wurden zehntausende Stellen gestrichen, während ärztliche Stellen zunahmen. Die einfache Logik dieses Missstands ist: Pflegekräfte verursachen Kosten, aber Ärztinnen und Ärzte generieren Einnahmen. Das ist der Grund für die enorme Belastung der Pflegekräfte. Das ist der Grund, weshalb auf Station immer wieder kein Arzt, keine Ärztin erreichbar ist: Sie stehen im OP-Saal, nur dort wird Geld gemacht.“

Hontschik weiter:

„Mit guter Medizin hat das schon lange nichts mehr zu tun: Charité ist überall. Das Problem betrifft ausnahmslos alle Krankenhäuser in unserem Land, denn es ist eine Folge der DRG-Finanzierung, was nur durch das Prinzip der Selbstkostendeckung gelöst werden kann.“

Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat mit seiner Reform Abhilfe versprochen. Die gescheiterte Fallpauschalenfinanzierung bleibt jedoch bestehen, und wird bloß durch ein weiteres Pauschalensystem, die ebenfalls mengenabhängige Vorhaltepauschalen, ergänzt. Daher werden die Missstände bestehen bleiben. Am kommenden Mittwoch, den 25. September findet im Gesundheitsausschuss des Bundestags eine Anhörung zum Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) statt. Das Bündnis Klinikrettung ist als Sachverständige eingeladen und hat eine Stellungnahme dazu verfasst. Die Stellungnahme zum KHVVG steht hier zum Download bereit: https://www.gemeingut.org/wordpress/wp-content/uploads/2024/09/2024-09-19_Stellungnahme-Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz_BKR.pdf

Die RTL-Dokumentation „Ein krankens Hause – Inside Charité“ wird am Sonntag, den 29.9. um 13:10 Uhr im ntv Fernsehen erneut ausgestrahlt.
Pressekontakte:
Laura Valentukeviciute, laura.valentukeviciute@gemeingut.org, 0176-23320373
 
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Das Bündnis Klinikrettung hat sich im Jahr 2020 auf Initiative von Krankenhauspersonal und anderen politisch aktiven Menschen gegründet, die sich für den flächendeckenden Erhalt der stationären klinischen Versorgung einsetzen. Das Bündnis Klinikrettung ist – vor allem angesichts der Erkenntnisse aus der Corona-Pandemie – davon überzeugt, dass die aktuelle Zahl der Krankenhausbetten unverzichtbar ist und nicht weiter reduziert werden darf. Mehr Informationen zum Bündnis und weitere Hintergrundinformationen unter: https://www.gemeingut.org/krankenhausschliessungen/

Gemeingut in BürgerInnenhand ist die Trägerorganisation des Bündnisses. GiB arbeitet seit mehr als zehn Jahren zu den Themen Privatisierung/öffentlich-private Partnerschaften und Schutz der Daseinsvorsorge. VertreterInnen der privatisierungskritischen Organisation wurden mehrfach als Sachverständige zu Anhörungen zum Thema Privatisierung der Daseinsvorsorge eingeladen.

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